Facebookumfrage - Ergebnisse
Facebook steht in der Kritik: Das größte soziale Online-Netzwerk weltweit wird von Stiftung Warentest wegen seines laschen Umgang mit dem Datenschutz gerügt und Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner droht in einem offenen Brief mit ihrem Austritt, sollte sich das nicht ändern. Zur Diskussion um Datenschutz, also dem Schutz vor illegaler Verwendung personenbezogener Daten, kommt die Debatte zu Privatheit und Identität im Web 2.0. Wie gehen Nutzer mit ihrer (vermeintlichen?) Privatsphäre auf Facebook um? Wie gut lässt sich die eigenen Identität im Netz (hier: auf Facebook) gestalten und selbst bestimmen?
In einer Umfrage habe ich 1.240 Facebook-Nutzer zu diesem Umgang mit ihrer Privatheit auf Facebook befragt.
Die Ergebnisse zusammengefasst: Die Mehrheit (58 %) lassen ihr Profil nicht von externen Suchmaschinen wie bspw. Google erfassen, ein knappes Viertel (23 %) auch nicht von der Facebook-internen Suche. Zwei Drittel (68 %) lassen die relativ intimen Informationen über die eigenen Religionszugehörigkeit (sofern angegeben) nur Freunde oder bestimmte Personen sehen. 37 % haben schon einmal Markierungen von sich auf fremden Fotos entfernt, 60 % hielten das noch nicht für nötig. 3 % wollten Markierungen löschen, fanden aber die Möglichkeit dazu nicht.
Diese Befunde können dahingehend interpretiert werden, dass die Mehrheit der Befragten bewusst mit ihrer Privatsphäre auf Facebook umgeht, weil sie von den Standardeinstellungen abweichen und aktiv wurden.Bedenklich stimmt allerdings, dass 38 % der (eher informierten und erfahrenen) Befragten der Aussage zustimmten, die Handhabung der Einstellungen zur Privatsphäre sei schwierig. Hier muss Facebook dringend nachbessern!
Die Stichprobe
Befragt wurden 1.240 deutschsprachige Facebooknutzer im März 2010. Beworben wurde die Umfrage über Social-Media-Kanäle: hauptsächlich Facebook und Twitter. Aufgrund dessen ist die Stichprobe nicht repräsentativ für die Grundgesamtheit aller deutschsprachigen Facebook-Nutzer, sondern deckt vermutlich sog. “Power-User” ab. (Fände sich ein finanzkräftiger Partner, würde ich die Studie auf breiterer Basis gerne wiederholen.)
Männer sind in der Stichprobe mit 63% überrepräsentiert, was aber mit dem höheren Alter der Befragten erklärt werden kann, siehe Grundgesamtheit der deutschsprachigen Facebook-Nutzer: Über alle Altersstufen ist das Geschlechterverhältnis im Gesamten nahezu ausgeglichen, variiert aber mit unterschiedlichem Alter stark (je älter, desto mehr Männer sind darunter).
Die Alterstruktur der Befragten ähnelt der allgemeinen Altersstruktur auf Facebook
Kontakte (“Freunde”)
Der Median der Kontakezahl liegt bei 97, das bedeutet, die Hälfte der Befragten hat mehr, die andere Hälfte weniger als 97 Kontakte auf Facebook. (Warum der Median das bessere Maß als das arithmetische Mittel ist, finden Sie hier).
Die Verteilung der Kontaktezahl gleicht der von Twitter oder anderen Netzwerken: die breite Masse hat nur wenige Kontakte, einige wenigen haben besonders viele Kontakte (sog. Power-Law-Verteilung).
Mobiler Zugang, Zugriffshäufigkeit, Marken auf Facebook
Mobiler Zugang gilt als wichtiger Motor für soziale Netzwerke im Internet.
48 % der Befragten greifen auch von unterwegs mit ihrem Smartphone auf Facebook zu.
82 % der befragten “Power-User” schauen mindestens täglich in “ihr” Facebook
47 % nutzen kein anderes Netzwerk außer Facebook
Bemerkenswert ist bei den beiden Fragen nach “Fan” sein und “ernsthaft Fan” sein der Unterschied in den Mittelwerten (Median). Knapp die Hälfte der Fanbezeugungen auf Facebook entstammen keiner tieferen Beziehung zwischen Kunde und Marke. (Statistik-Hinweis: Die umgekehrte Aussage, alle Fan-Zahlen zu halbieren, um valide Aussagen zur Fan-Reichweite zu erhalten, geht aus diesen Zahlen nicht hervor!)
16 Fanpages Median der Seiten, von denen jemand “Fan” ist
9 Fanpages Median der Seiten, von denen jemand ernsthaft “Fan” ist
Dichtung und Wahrheit
Eine der besten Möglichkeiten, die eigene Privatsphäre im Internet zu schützen ist es, gar keine oder fehlerhafte Angaben zu machen. Zum einen kollidiert das teilweise mit den AGBs der Betreiber, zum anderen ergibt es unter Umständen wenig Sinn, sich mit falschen Namen anzumelden, weil man sich ja gerade darstellen möchte, um mit anderen als reale Person in Austausch zu treten.
94 % haben ihren richtigen Namen angegeben
41 % haben ihren Beziehungsstatus auf Facebook nicht angegeben
9 %geben einen falschen Beziehungsstatus an
55 % geben ihre Religion nicht auf Facebook an
Privacy
Die Privacy, also die Themen Datenschutz und Privatsphäre, werden derzeit heiß diskutiert. Zu unterscheiden ist in diesem Zusammenhang der Datenschutz, also das Schützen der eingegebenen Daten vor Missbrauch und (unerlaubter) Weitergabe durch die Betreiber vom Themenfeld der Privatsphäre, also der bewusste persönliche Umgang mit den eigenen Daten und der eigenen Identität im Netz. Zu letzterem Themenkomplex habe ich in der Facebookumfrage Fragen gestellt.
Auffällig ist, dass deutlich mehr als die Hälfte das eigene Profil nicht von einer Suchmaschine (z.B. Google) indizieren lässt, und ein knappes Viertel sich auch nicht Facebook-intern finden lassen möchte. Daraus, und aus der Tatsache, dass ein Drittel schon persönliche Markierungen auf Fotos gelöscht hat, lässt sich schliessen, dass die Befragten bewusst mit ihrer Privatsphäre umgehen. Nur (aber das sind 3 %-Punkte zu viel) 3 % wollten Markierungen von sich auf Fotos löschen, fanden aber die Möglichkeit dazu nicht (siehe weiter unten: “Was nervt an Facebook”).
58 % lassen ihr Facebook-Profil nicht von Suchmaschinen (z.B. Google) indizieren
23 % tauchen nicht in der Facebook-internen Suche auf
37 % haben schon einmal Markierungen von sich auf fremden Fotos gelöscht
3 % wollten Markierungen von sich auf Fotos löschen, fanden aber den Button nicht
Religion als Lackmustest für Umgang mit Privatheit auf Facebook
38 % der befragten haben ihre Religion korrekt auf Facebook angegeben. Im Schaubild ist dargestellt, wer diese wahren Angaben sehen darf. Etwa zwei Drittel beschränken diese relativ private Information auf den eigenen Freundeskreis, etwa ein Fünftel macht diese Information für alle zugänglich. Das Ergebnis kann dahingehend interpretiert werden, dass sich bei der relativ “intimen” Information über Religionszugehörigkeit die Mehrheit der Befragten Gedanken darüber macht, wem diese Info zugänglich sein sollte, und wem nicht.
(Klicken Sie auf das Schaubild, um es zu vergrößern)
Was nervt an Facebook?
Facebook ist noch ein sehr junges Unternehmen - gerade mal sechs Jahre jung. Änderungen an der Website oder den Datenschutzbestimmungen passieren laufend. Hier die Antworten auf die Frage: “Was nervt Sie an Facebook”.
Bemerkenswert ist Platz 1 “Anfragen von Apps oder Spielen”: 69% der Befragten gaben an, sich davon gestört zu fühlen.Allerdings dürfte gerade dieser Punkt beim bezahlenden Publikum, den Werbetreibenden auf Facebook, genau anders herum gesehen werden: solche Funktionalitäten zählen zu den Kernfeatures im viralen Marketing auf Facebook.
38 % der befragten User (wohlgemerkt, man kann davon ausgehen, dass das zum Großteil netz-kompetente “Power-User” waren), halten die Handhabung zu den Privatsphären-Einstellungen für schwierig. Hier sollte Facebook dringend nachbessern, wenn Facebook Ilse Aigner als Userin behalten möchte. :-)
Lange Wartezeiten sind für 36 % ein Ärgernis. Das ist nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. In einem Test lieferte Google anstatt der üblichen zehn Suchergebnisse pro Seite stolze 30 Treffer aus. Damit verlängerte sich die Generierungszeit der Seite von 0,4 Sekunden auf 0,9 Sekunden. Die Folge: 20 % weniger Traffic!
(Klicken Sie auf das Schaubild, um es zu vergrößern)
(@4kmu)
Leider wird immer wieder Facebook für die Unzulänglichkeiten der Nutzer teils zu unrecht beschimpft. Natürlich könnten sie vieles besser machen, aber schließlich ist Facebook nicht nur jung, sondern wachst sehr schnell, was auch viele Änderungen am Code und im Rechenzentrum bedarf. Das kostet Geld und Zeit. Anstatt immer nur herumzumäkeln, sollte man anfangen per Video und Dokumentationen den Nutzer helfen sich in dem Dschungel zurechtzufinden. Deshalb plane ich ein Webinar zu diesem Thema, kostenlos.
Anstatt in Unternehmen Facebook zu verbieten sollte man lieber die Mitarbeiter aufklären, denn Handys und Nutzung in privater Zeit können Sie nicht verbieten und viele Meldungen alla “Mein Chef hat Facebook verboten” findet sich auch in Google wieder.
(Antworten)