• Ans Kreuz mit ihm! - “Schweigegeld” oder nicht?

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    Die Diözese Regensburg mahnt den Blogger Stefan Aigner (www.regensburg-digital.de) ab, weil der aus dem SPIEGEL zitierte und die Zahlung von 6.500 Mark an eine Opferfamilie als “Schweigegeld” bezeichnet. Im Spiegel schreiben Conny Neumann und Peter Wensierski:

    Dem SPIEGEL liegen Dokumente vor, die belegen, dass sein Ordinariat [Regensburg] - hart an der Grenze der Legalität - versucht hat, Kindesmissbrauch zu vertuschen: Schweigen sollte mit Geld erkauft werden. Einer der missbrauchten Jugendlichen wirft den Kirchenmännern vor: “Es geht ihnen nicht um die Opfer, sondern vor allem darum, dass nichts an die Öffentlichkeit kommt. Das tut weh.”

    Bei Aigner (http://www.regensburg-digital.de/domspatzen-missbrauch/07032010/) liest sich das - mit verlinkter Quellenangabe - so:

    Ein Opfer des pädophilen Pfarrers in Riekofen erhielt Schweigegeld. Das Bistum Regensburg hat das stets bestritten. Es habe keinen kausalen Zusammenhang zwischen der Zahlung und dem vereinbarten Schweigen gegeben, behauptet das Bistum. „Es geht ihnen nicht um die Opfer, sondern vor allem darum, dass nichts an die Öffentlichkeit kommt. Das tut weh”, sagte eines der Opfer dem SPIEGEL.

    Das Landgericht Hamburg hatte am 10. März per einstweiliger Verfügung (Aktenzeichen: 324 O 107/10) dem Nachrichtenmagazin SPIEGEL untersagt, weiterhin den Eindruck zu erwecken, die Diözese Regensburg wolle “durch die Vermittlung einer Geldzahlung bewirken, dass der in Rede stehende Vorfall an die Öffentlichkeit komme”. Vulgo: Zwar wurden 6.500 Mark an die Opferfamilie gezahlt, das sei aber kein “Schweigegeld” gewesen, so die Diözese. Allein, was war es dann?

    Auf die einstweilige Verfügung bezieht sich nun die von der Diözese beauftragte Anwaltskanzlei Romatka & Collegen aus München und mahnt den Blogger ab: die Behauptung, es sei eine Art “Schweigegeld” an die Opferfamilie bezahlt worden, sei nicht hinnehmbar, so die Anwälte in ihrem Schreiben vom 29. März, das mir vorliegt. Bestritten wird nicht die eigentliche Zahlung der 6.500 Mark, sondern die Einschätzung, dass sei “Schweigegeld” gewesen.

    Wenn 6.500 Mark bezahlt werden und eine Opferfamilie schweigt, war das dann “Schweigegeld”? Die katholische Kirche meint “Nein!”

    Es ist eine Frage der Interpretation: Tatsächlich gab es, wie dem SPIEGEL zu entnehmen ist, eine Vereinbarung zwischen dem Bistum Regensburg mit dem pädophilen Pfarrer auf der einen und der Familie des Opfers auf der anderen Seite:

    Die Eltern beschwerten sich sofort beim Generalvikar. Aber das Ordinariat in Regensburg habe sie überredet, sagt Johanna T., keine Anzeige bei der Polizei zu erstatten. Man wolle den Fall im Bistum lieber intern regeln. Am 25. November 1999 dann wurde ein rechtlich höchst dubioses Abkommen zwischen Familie, Täter und Bischöflichem Ordinariat geschlossen. In dem bislang der Öffentlichkeit unbekannten Vertrag heißt es: “Im wohlverstandenen Interesse der Kinder und auf ausdrücklichen Wunsch der Eltern soll Stillschweigen gewahrt werden.

    Das Opfer des Pfarrers erhielt laut SPIEGEL damals 4000 Mark, seine Schwester 1000 Mark, der Bruder 1500 Mark als “Schmerzensgeld” vom Pfarrer. Schweigegeld oder nicht? Aigner meint ja und wagt das auch zu schreiben. Er weist in seinem Artikel darauf hin, dass das Bistum Regensburg stets bestritten habe, “Schweigegeld” bezahlt zu haben und dass stattdessen kein kausaler Zusammenhang zwischen der Zahlung der 6.500 Mark und dem vereinbarten Schweigen der Opferfamilie bestanden habe. Diese Einschätzung der Diözese halte ich persönlich allerdings für wenig glaubhaft!

    Darf man diese Zahlung als “Schweigegeld” bezeichnen? Unter “brutalstmöglicher Aufklärung” hatte man bisher etwas anderes verstanden

    Die katholische Kirche versucht nun, ihren Kritiker Aigner brutalstmöglichst zum Schweigen zu bringen: Bis zum 1. April soll Aigner eine Unterlassungserklärung abgeben, Streitwert: 15.000 €.

    Stefan Aigner allerdings will nicht aufgeben. Zu einer funktionierenden Demokratie gehöre die vierte Gewalt im Staat: eine unabhängige Presse. Und der müsse es auch erlaubt sein, begründete Einschätzungen und Interpretationen einer Sachlage zu veröffentlichen. Mit seiner Online-Zeitung www.regensburg-digital.de verfolgt Aigner den Anspruch, zur einzigen großen Tageszeitung in Regensburg eine kritische Alternative anzubieten, wie er mir in einem Interview vom März diesen Jahres erzählte: Auf eine Zigarette mit Bayerns bloggendem Staatsfeind Nr. 1. Aigner hat sich in den vergangen Jahren immer wieder mit ganz Großen angelegt: dem Waffenhersteller Diehl z.B. oder dem Möbelkonzern XXXLutz. Vor Gericht unterlegen ist er bisher noch nie.

    Hohe Kosten und Einschüchterungsversuche

    Regensburg-digital.de gehört nicht zu den Projekten, die eine eigene Rechtsabteilung finanzieren könnten. Im Gegenteil: das Projekt nennt sich selbst unabhängig, mutig, unterfinanziert. Aigner ist jetzt auf der Suche nach Juristen, die die Sachlage fachkundig einschätzen können und ihm ihre Hilfe anbieten. Auch moralische Unterstützung in Form von Kommentaren zu diesem Beitrag hier oder beim Original-Artikel geben ihm Rückendeckung. Sie können auch Merchandising-Artikel im Shop kaufen mit dem sinnigen Leitspruch von regensburg-digital.de

    Journalism is publishing
    what someone doesn’t want
    us to know, the rest is
    propaganda.

    Übrigens: In diesen Tagen jährt sich die Kreuzigung Jesu zum fast 2.000sten Mal.

  • 21 Reaktionen

    Kommentare


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      Herbert Peck
      (@MwieM)

      31. März 2010

      Die Institutionen, darunter auch die katholische Kirche, reden viel von ‘Aufklärung’, richten ‘Hotlines’ für Opfer mit ‘Öffnungszeiten (Die - Do) ein, wo beraten aber ‘nicht zur Anzeige gedrängt’ werden soll. Es handelt sich bei diesen ‘Aufklärungskampagnen’ doch um reine Augenwischererei. Kritische Stimmen werden abgemahnt und sollen so auch zum Schweigen gebracht werden. Solidarität mit Stefan Aigner!

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      Wittkewitz
      (@medienarbeit)

      31. März 2010

      Rein rechtlich ist er aus dem Schneider, wenn er zum Beispiel schreibt, dass er der Meinung sei, dass dies Schweigegeld sei oder, dass diese Zahlung nach seiner Auffassung Schweigegeld sei. Kurzum, er muss der Aussage einfach einen Halbsatz voranstellen, der umschreibt, dass die folgende Aussage seine Meinung, Bewertung, Einschätzung des Sachverhalts der Zahlung sei. Fertig.

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      Andreas Wiedow
      (@arow) antwortete am April 19th, 2011 :

      Das wäre schön. Die Gerichte - konkret das Frankfurter Landgericht - sehen das anders. Recht ist häufig das Recht des (finanz-)stärkeren.

      Kurz: “Rein rechtlich” ist das, was das Landgericht entscheidet.

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      Hans-W. Richter

      31. März 2010

      Eine Straftat wie Kindesmissbrauch muss von der Staatsanwaltschaft verfolgt werden, wenn die davon Kenntnis erhält. Unabhängig davon, ob jemand Anzeige erstattet oder nicht. Versucht nun ein Täter das Opfer zu beeinflussen, ist dies erneut eine Straftat.
      Es scheint mir so, als sei Regensburg eine Straftat-Verfolgungsfreie-Zone.

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      dadamsda

      31. März 2010

      Diese Art von Abmahnung ist in jedem Fall eine Zensur der Zukunft.

      Wieviele Blogger überlegen sich zweimal ob sie einen diskussionswürdigen Artikel publizieren oder nicht? Wieviele wichtige Artikel werden aus diesem Grund nicht veröffentlicht?

      Die Kirche könnte offen und argumentativ mit solchen Vorwürfen umgehen. Das scheint nicht gewollt.

      Für die PR-Abteilung der Kirche hier ein neues Wort: Streisand-Effekt! Ich hoffe irgenwann erscheinen auf Grund dieses Effekts die aus Abmahnangst nicht publizierten Artikel trotzdem.

      (Antworten)


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      kadekmedien
      (@kadekmedien)

      31. März 2010

      Allein unter dem Gesichtpunkt der Meinungsfreiheit, sollte Stefan Aigner und jeder, der möchte, einen Nagel so auf den Kopf treffen, wie ihm beliebt. – Ob sich die Diözese Regensburg damit einen Gefallen getan, einen Anwalt vorzuschicken… ins Web2.0??
      Jetzt weiß es zwar jeder, der es vorher nicht mal ahnte, aber ich vertwittere das trotzdem vorsichtshalber noch mal ;)

      (Antworten)


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      Frank
      (@3dmediadesign)

      31. März 2010

      Es ist eigentlich eine Schande, das man in Deutschland seine Meinung nicht mehr frei äussern kann. Gut, vielleicht hätte Stefan es etwas anders umschreiben sollen, aber nichts desto trotz, so etwas abzumahnen?? Gerade von der katholischen Kirche sollte man doch erwarten können, das man diese Problematik mit einem Anruf oder einer kurzen mail aus der Welt schaffen kann.

      (Antworten)


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      Ludwig Weitz
      (@change61)

      31. März 2010

      Es gibt einen feinen Unterschied zwischen dem Recht auf eine freie Meinung, die man dann auch als solche kenntlich machen sollte, und der Tatsachenbehauptung, die man dann im Zweifelsfalle belegen muss. Von daher ist der Spiegel auch keine gute Quelle….. Eine andere Frage ist, ob ich meine oder denke, dass es Schweigegeld ist. Ich vermute, dass es um einen Vergleich geht, der eine Form von Täter-Opfer-Ausgleich ist. Ob ich das persönlich als richtig oder gerecht oder angemessen empfinde, kann ich jederzeit offen kundtun…

      (Antworten)

      Querleser antwortete am April 1st, 2010 :

      So wie ich das sehe, vertritt Aigner die Auffassung, dass es sich um Schweigegeld handelt. Die Auffassung der Diözese wird ebenfalls wiedergegeben. Aber das reicht den Purpur-Männern nicht. Sie haben schließlich die Wahrheit gepachtet.

      (Antworten)


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      udo steffen
      (@waldschrat)

      1. April 2010

      Vom Abmahnunwesen profitieren seit langem krumme Advokaten und schützen sich dubiose Firmen. vor berechtigter Kritik. Nun muss auch gottes bodenpersonal (Kleinschreibung absichtlich) auf solche Tricks zurückgreifen um Kritkik abzuwehren.

      (Antworten)


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      Coralle

      21. April 2010

      Die widerliche katholische Kirche hatte schon vor Jahren versucht eine Gruppe misshandelter mit ihren Rechtsanwälten mundtot zu machen:

      http://de.wikipedia.org/wiki/Hermine_Schneider

      Ein Film darüber lief vor zwei oder mehr Jahren im Fernsehen.

      Wenn es irgendwo ein Spendenkonto gibt, um diesem ekelhaften Haufen verlogener Popen den Garaus zu machen, spende ich gerne.

      Diese Clique ist überhaupt nicht an Aufklärung interessiert. sondern sucht sich jetzt schwächere, die sie fertig machen kann aber ihr morsches Kreuz sollen die mal fein selbst tragen.

      Krieg den Popen!

      (Antworten)


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      Arno

      27. Oktober 2010

      @katholische fraktion: immer dran denken wen man verteidigt, nochmals zum mitschreiben, es geht hier um kinderficker.

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