Was würde Google tun
Wie würde sie aussehen, eine Airline, betrieben von Google? Wäre sie eine Open-Source-Airline? Wäre sie so spartanisch eingerichtet wie das Design von google.com und würde fragen „Where do you want to go today?“ Nein, meint Jeff Jarvis in seinem neu erschienenem Buch „What would Goolge do?“ Der 55-jährige Jeff Jarvis ist Internetvordenker, Unternehmensberater und Professor an der Universität New York. Er meint, das Internet wird die Welt der Transportunternehmen genauso revolutionieren, wie Google die Werbeindustrie neu definiert hat.
Eine Airline 2.0 wäre ein „sozialer Marktplatz“ für ihre Kunden. Im Flugzeug gäbe es günstigen Internetzugang, damit sich die Passagiere untereinander besser vernetzen könnten. Während des Fluges könnten sie Restaurant- und Hoteltipps austauschen und gemeinsame Taxifahrten am Zielort vereinbaren und ihre Sitzplätze hätten sie im Vorfeld nach den möglichen Sitznachbarn ausgesucht. Google Air würde ein Image aufbauen ähnlich dem der Autoriesen: Auch BMW-Fahrer oder die sprichwörtliche Opel-Gang (trotz allem :-) bildeten eine eingeschworene Community, die stolz auf ihre Marke sei. Das würde auch für Airlines funktionieren, philosophiert Jarvis.
Teil I - Die neuen Regeln der Google-Welt
In Teil I des Buches erklärt der Autor, was sich durch das sogenannte „Social Web“ für Unternehmen grundlegend ändern wird, nicht nur für deren Marketing, Vertrieb und Kundensupport sondern für den gesamten Produktionsprozess bis bin zur Unternehmensführung. Das Web 2.0 geht mit neuartigen Beziehungen einher, einer neuen Offenheit, neuen Geschäftsgepflogenheiten, einer neuen Geschäftsethik und das alles mit einer größeren Geschwindigkeit.
Jarvis fordert z.B. von Unternehmen: „Gebt den Menschen die Kontrolle und wir werden sie nutzen. Und ihr Unternehmen werdet davon profitieren. Tut ihr das nicht, verliert ihr uns“. Er beschreibt, wie Dell in einem langen Prozess vom Saulus zum Paulus wurde: Angefangen von der untenehmensinternen Richtlinie zum Umgang mit Bloggern: „Look, don’t touch“ bis hin zu DellIdeaStorm, einer Plattform, auf der (bestehende und zukünftige) Kunden sich über Produkte austauschen und Neuerungen vorschlagen und diskutieren.
Jeff Jarvis beschreibt die kommende Notwendigkeit für Unternehmen, zu einer Plattform für ihre Kunden zu werden, so wie das Facebook, eBay und Amazon vormachen. Das Internet schaffe zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte die Chance, dass sich sehr viele Menschen direkt untereinander vernetzen, ohne Mittelsmänner und Torwächter („Gate-Keeper“). Facebook-Gründer Mark Zuckerberg sieht die Geschäftsgrundlage seines Weltimperiums darin, bestehenden Gemeinschaften („communities“) zu helfen, sich besser untereinander zu vernetzen. Er nennt das elegante Organisation („elegant organization“).
Jeff Jarvis ist viel herumgekommen ist und plaudert im Buch „What would Google do?“ immer wieder aus dem Nähkästchen. So zum Beispiel eine Anekdote vom Weltwirtschaftsforum in Davos, wo der der damals 22-jährige Mark Zuckerberg vom Vorstand eines weltweiten Nachrichtenimperiums gebeten, ja geradezu angefleht wurde, ihm sein Facebook-Geheimnis zu verraten. Er wolle auch eine „Community starten“, eine eigene „Community besitzen“. Zuckerbergs Antwort war, in voller Länge: „Können Sie nicht.“ Punkt. Aus. Ende. Amen.
Erst später gab der wortkarge Computerfreak mehr Auskunft. Man „besitzt“ keine Communities und man „beginnt“ sie auch nicht. Gemeinschaften bestehen seit je her, und tun schon immer das, was sie tun wollen. Die entscheidende Frage ist, wie man sie dabei unterstützen kann, sich besser zu vernetzen, sich eleganter zu organisieren („elegant organization“).
Teil II - Konkrete Umseztungsideen
Im Teil II des Buches „What would Google do?“ wendet Jeff Jarvis diese Regeln und Einsichten wie „Life is beta“, „Simplify, simplify“, „Be a platform“ und „Don’t be evil“ auf andere Branchen und Unternehmen an. Er brainstromed über eine Goolge Airline (siehe oben), eine Google Cola, die, ganz im „Long Tail“ zwar ohne Zucker, dafür aber mit Kaffeegeschmack daherkommt und von Jeff Jarvis auf seinem Blog buzzmachine.com verkauft, von Google aber produziert würde. (Dem nicht unähnlich ist übrigens der Dienst SpreadShirt, mit dessen Hilfe jedermann sich seinen eignen T-Shirts und Baseballkappen entwerfen und sie in einem eigenen Online-Shop anbieten kann.)
Jarvis macht mit seinen zum Teil sehr wilden Ideen weder vor der Autoindustrie noch vor Telefonriesen halt. Auch neue Dienste, die z.B. Kredite von Privat zu Privat vermitteln (in Deutschland z.B.Auxmoney) würden ganz im Sinne von „Googles neuer Weltordnung“ wirtschaften.
Fazit
Man merkt dem Autor an, dass er beim Schreiben sehr viel Spaß gehabt haben muss, es ist – typisch amerikanisch – sehr unterhaltsam, aber durchweg spannend und hintergründig geschrieben. Seine Insiderkenntnisse der U.S.-amerikanischen (Medien-)Wirtschaft machen das Buch zu einem wertvollen Ideengeber und Wegweiser, wo auch in Deutschland die Reise eines Tages hingehen könnte.