Soziale Netzwerke als Linkgeber
Auf Twitter werden durchaus auch sinnvolle Beiträge gepostet, wie man täglich auf Twitterthemen sehen kann. Allerdings ist eine tiefere Diskussion wegen der kurzen Beiträge natürlich nur schwer bis gar nicht möglich. Beste Gelegenheit also, von Twitter auf das eigene Web-Angebot zu verlinken und hierfür neue Leser zu gewinnen. Aus der Riege der Tageszeitugen machen das z.B. eindrucksvoll die Redaktionen von @derwesten und der @rheinzeitung vor. Wie sehr diese Zeitungen von ihrer Twitterei profitieren, habe ich nun untersucht.
In der Tabelle dargestellt ist die Gesamt-Anzahl der bit.ly-Klicks auf die jeweiligen Online-Angebote der Zeitungen pro Monat.
Klicks (gesamt) | Klicks pro Link (Ø) | |
spiegel.de | 1.186.000 | 70 |
welt.de | 224.000 | 14 |
faz.net | 188.000 | 11 |
stern.de | 152.000 | 57 |
taz.de | 130.000 | 67 |
sueddeutsche.de | 121.000 | 25 |
morgenpost.de | 99.000 | 13 |
derwesten.de* | 68.500 | 15 |
rhein-zeitung.de | 52.000 | 45 |
tagesschau.de | 45.000 | 24 |
Anmerkung: @derwesten verkürzt selber nicht mit bit.ly, sondern nutzt einen eigenen Dienst, der nicht in diese Auswertung einfließen konnte. Alle gemessenen bit.ly-Links wurden im Schnitt 30,4 mal geklickt.
Untersuchungsdesign
Bei der Analyse der Klickrate machte ich mir die Statistik zunutze, die der URL-Verkürzer bit.ly anbietet. Wenn man hinter einen bit.ly-Link ein +Zeichen setzt (z.B: http://bit.ly/pDFAA+) erhält meine eine ausführliche Klickstatistik zu diesem Link. 151.000 solcher Links habe ich über die Programmierschittstelle (API) automatisch ausgewertet.

Soziale Netzwerke weisen den Weg im Info-Dschungel. (Quelle: FlickR-User mhey)
Monatlich werden derzeit im deutschsprachigen Raum ca. 6 Millionen Tweets gepostet (täglich um die 200.000, siehe Twitterthemen). Ein Drittel davon (32,4%) enthalten Links, jeder zweite wurde mit bit.ly verkürzt (54,9%). Aus einer zufälligen Stichprobe von 151.000 kann man ziemlich sicher auf 2 Millionen Links hochrechnen.
Die Untersuchung berücksichtigt nicht, wo genau auf einen bit.ly-Link geklickt wurde. Zwar werden in der Statistik die Quellen angegeben, allerdings ist dieser sog. Referrer relativ ungenau. Z.B. schicken viele Twitter-Clients keinen solchen Referrer (Link-Quellenangabe) mit. Die Untersuchung geht davon aus, dass URLs hauptsächlich für Twitter, Facebook und Co., also für soziale Netze, verkürzt werden. Wenn diese Kurz-URLs auf Umwegen in einer E-Mail landen und dort weitergereicht werden, kann man ihren Ursprung dennoch im “Social Web” vermuten.
(Die Zahlen decken sich zum Teil mit einer aktuellen Untersuchung, die @HolgerSchmidt in seinem Netzökonom-Blog veröffentlicht hat. Dort wurden Nutzer bzw. Besuche nach einzelnen Sozialen Netzwerken aufgeschlüsselt. In der Summe der vier dort beschriebenen Netzerke kommt bspw. Spiegel Online (SpOn) auf 1,26 Mio. Klicks.)
Ist ein eigener Twitterredakteur bezahlbar?
Die Onlineredaktionen der einzelnen Häuser kennen sicherlich ihre eigenen Klickzahlen und auch ihren Tausender-Kontaktpreis (TKP). Rechnet man mit (zusätzlichen) 150.000 Klicks aus sozialen Netzwerken und einem TKP von 15 € kommt man auf zusätzliche Werbeeinnahmen von 2,250 €. Damit kann man zwar noch keinen eigenen Social Media-Redakteur bezahlen, aber zumindest rechtfertigen, warum man sich ein bis zwei Stunden pro Tag auf Twitter rumtreibt und bei Facebook kommentiert.
Bei grösseren Firmen gibt es sicher Jemand, der das weiss, sich darum kümmert. Die meisten Kleinunternehmer meiner Altersklasse (55 bis 65) kümmern sich aus Unwissenheit und Zeit/Personalmangel kaum darum. Erachten es kaum für wichtig, weil sie sicher auch schlecht informiert sind.
(Antworten)
Sehr interessante Untersuchung, vielen Dank dafür. Die durchschnittlichen Klicks pro Link kommen mir allerdings schon recht niedrig vor. Kann man die auch nach Tageszeit aufdröseln?
Und ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass Medien einen eigenen Twitter-, oder allgemeiner, Social Media-Redakteur brauchen. Die Gefahr ist dabei, ähnlich wie bei dem Expertendenken in PR oder Unternehmen, dass sich einer sehr gut auskennt und die anderen sich auf ihn verlassen / die Sache auf ihn abwälzen. Ein Problem dabei ist: Was passiert, wenn er geht? Dass Medien und Journalisten sich verstärkt auch um Social Media kümmern sollten, ist auf jeden Fall klar und das geschieht ja auch schon recht häufig.
(Antworten)
Thomas Pfeiffer antwortete am Oktober 16th, 2009 :
Hallo,
Die Klickzahlen kamen mir zunächst auch recht niedrig vor. Aber es gibt sehr viele Accounts mit deutlich unter 100 Followern. Wenn die einen Link posten, kommen nur relativ wenige Klicks zusammen.
Was den Social Media-Redakteur angeht, haben Sie natürlich vollkommen Recht.
(Antworten)
Nicole Haase
(@Nicaase) antwortete am Oktober 16th, 2009 :
Die Gefahr, dass sich ein Experte mit seinem Wissen vom Rest der Belegschaft abkapselt, ist auf jedem Gebiet gegeben und ist eine Frage, der internen Abläufe.
Meiner Meinung nach, macht ein Experte auf dem Gebiet Sinn. Ein Klammern an Arbeitsplatzbeschreibungen dagegen nicht. So liesse sich sicherlich eine Lösung für den Wissensaustausch oder geringe Auslastung des Social Media-Experten finden, oder?
(Antworten)
Ich halte die bit.ly-Zahlen für absolut unplausibel. Ein Beispiel:
http://bit.ly/info/3yHDtc wirft für einen Spiegelartikel aktuell 77 Clicks aus. Der link wurde aber alleine 23mal retweetet - ganz abgesehen davon, dass der Spiegel-Account selbst schon mehrere 10.000 Follower hat.
Ich habe 270 Follower und im Schnitt 20 Klicks pro link - nicht mit bit.ly ermittelt.
Beste Grüße
Richard Zinken
(Antworten)
Danke Thomas, sehr interessante Zahlen. Deine Schlussfolgerung gefällt mir als Denkanstoß. Dennoch schließe ich mich Lars an. Angesichts der Zahlen sollten sich idealerweise alle Redaktionen schlau machen, was Twitter kann und wie Twitter funktioniert. Social Media ist Kollaboration (intern wie extern). Die TKP Rechnung ist kurzfristig sicherlich ok, aber was ist wenn der TKP mal als Abrechnungsmodell ausgedient hat? Und Tendenzen gehen genau in diese Richtung. Der Click verliert an Wert, Engagement bekommt mehr Bedeutung http://bit.ly - auch für Webvermarktung.
(Antworten)
Viele nutzen auch den Linkverkürzer http://is.gd, welcher auch Klickstatistiken anbietet. Dort allerdings mit einem angehängten Minus (-).
Beispiel: http://is.gd/4mdkp-
(Antworten)
Schöner Artikel! Spannende Zahlen! Vielen Dank!
Ich beschäftige mich als Twitter Trainer täglich mit dem Thema Twitter für Business und kann nicht generell von eigenen Twitter-Redakteuren abraten:
Soll etwa der Verkauf über Twitter gepusht werden, ist das ein Fulltime-Job wie man bei Dell sehen kann (http://www.dell.com/twitter). Geht es aber darum, Online-Inhalte bekannter zur machen- auch als “Linkschleudern” bekannt- gebe ich dem Autor Recht: Das sind Aufgaben, die eine Redaktion mit guten Tools leicht selbst bewältigen kann.
Und Übrigens: Auch wer keine Redaktion hat, kann einen erfolgreichen Twitter-Account betreiben.
(Antworten)