• Keine grüne Breitseite für die Piraten

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    Dieser Text wurde für den monatlichen Stadtrundbrief der Münchner Grünen geschrieben.

    Als Münchner Kindl und passionierter Bergsteiger vergesse ich meistens, was „backboard“ und was „steuerbord“ bedeutet. Vorne und hinten eines Schiffes erkenne ich, auch kann ich Kiel und Mast treffsicher unterscheiden. Aber was steuer- und backboard, was links oder rechts ist, das weiß ich nicht. Ähnlich scheint es derzeit auch den Piraten zu gehen – ihr politischer Kompass dreht durch: In Freising haben sie einen ehemaligen NPD-Kader zumVorstand gewählt und in Mecklenburg-Vorpommern sogar in den Landesvorstand, während man sich auf Bundesebene streitet, ob Rechtsextremismus eine „Jugendsünde“ ist, wie Parteichef Sebastian Nerz die NPD-Vergangenheit seiner Parteifreunde nennt. Links oder rechts, wo die Reise mit den Piraten hingeht, ist derzeit noch nicht sicher auszumachen.

    Inhaltlich bringt man die junge Partei vor allem mit den Themen Netzpolitik, Transparenz und Bürger/innenbeteiligung in Verbindung. Dabei sind alle drei Bereiche urgrüne Themenfelder:

    Bei der Netzpolitik dreht es sich um Aspekte wie z.B. den Datenschutz, den Kampf gegen den Überwachungsstaat, den Schutz von sog. Whistleblower/innen (das sind Menschen, die auf Missstände in Unternehmen und Organisationen aufmerksam machen) und den Breitbandausbau des Internets. Alles Bereiche, die wir Grüne schon lange behandeln. Mit Dr. Konstantin von Notz hat unsere Bundestagsfraktion seit zwei Jahren einen netzpolitischen Sprecher mit klarem grünen Profil und besten Kontakte in die sog. Netz-Community und Malte Spitz bestellt das netzpolitische Feld hervorragend für den Bundesvorstand. Auch wir in Bayern haben auf der letzten LDK ein umfangreiches Positionspapier zur Netzpolitik diskutiert und verabschiedet. Das Papier entstand unter Federführung des bayrischen Landesarbeitskreises Medien- und Netzpolitik. Und was es bislang nur für Bayern gab, gibt es seit Ende November auch für die Bundespartei der grünen: einen umfassenden, progressiven und von der Basis mitgetragenen Leitbeschluss der Grünen zur Netzpolitik.

    In Sachen Transparenz kämpfen wir Grüne bspw. schon seit vielen Jahren dafür, dass die Menschen ein Anrecht darauf haben, in behördliche Akten einsehen zu dürfen. Die bayr. Landtagsfraktion hat ein Informationsfreiheitsgesetz in den Landtag eingebracht, das leider an den Stimmen der CSU und FDP scheiterte, obwohl letztere sich die Bürger/innenrechte gerne auf die Fahnen schreibt. Aber Machterhalt („wir stimmen nicht mit der Opposition“) geht den Liberalen scheinbar über ihre wenigen Inhalte. In München, wo wir seit 16 Jahren mit der SPD regieren, haben wir gegen deren anfängliche Bedenken eine Informationsfreiheitssatzung im April 2011 nach zwei Jahren zäher Arbeit und geduldigen Nachbohrens auf den Weg gebracht. Damit haben erstmals alle Münchner Bürgerinnen und Bürger ein verbrieftes Recht, städtische Akten einzusehen, sofern damit keine Persönlichkeitsrechte berührt werden.

    Auch beim Thema Bürger/innenbeteiligung sind wir hervorragend aufgestellt. Zwar hat fast schon jede Partei ein Bürger/innenbegehren initiiert, aber wir Grüne kämpfen auch bundesweit für Plebiszite und setzen uns in verschiedenen Bundesländern für eine Absenkung der notwendigen Quoren ein. In Freiburg haben die Grünen einen Bürger/innenhaushalt durchgesetzt, bei dem die Menschen vor Ort tatsächlich mitentscheiden können, wofür städtisches Geld ausgeben werden soll – und wofür nicht. Im Augenblick evaluiert unsere Stadtratsfraktion, wie man dieses Konzept auch in München umsetzen kann. Bürger/innenbeteiligung ist für uns mehr als nur ein paar Klicks auf irgendwelchen Webseiten, wie uns das manchmal die Piraten vormachen wollen.

    Wo uns die Piratenpartei voraus ist, das ist die Nutzung des Internets für ihre parteiinterne Kommunikation. Wo wir massenhaft E-Mails verschicken und ein immer noch zu schwerfälliges Wurzelwerk haben , nutzen die Piraten „Etherpads“ und „Liquid Democracy“. Aber wir holen auf: Gemeinschaftlich an Texten arbeiten kann man mit der Textbegruenung.de, mit gruene-suche.org kann man bundesweit über 600 Homepages von Bündnis 90/Die Grünen durchsuchen und unter gruener-surfen.de entsteht gerade ein Handbuch, wie man diese Onlinewerkzeuge für die grüne Parteiarbeit nutzen kann.

    Nehmen wir die Piratenpartei als das, was sie sind: Ein Schuss vor unseren Bug, aber ein kapitaler Treffer auf unsere Inhalte sind sie nicht. Oder, wie der bayrische Landesvorsitzende der Günen, Dieter Janecek, es ausdrückt: Die Piraten sind auf dem Weg, zur FDP des Internets zu werden.

  • 4 Reaktionen

    Kommentare

    1. Crroaker

      5. Dezember 2011

      Wer im Glashaus sitzt sollte nicht mit Steinen werfen.
      Bis 1975 war Fischer Mitglied der linksradikalen und militanten Gruppe Revolutionärer Kampf. Er beteiligte sich an mehreren Straßenschlachten mit der Polizei („Putzgruppe“), in denen Dutzende von Polizisten zum Teil schwer verletzt wurden. Ein Foto vom 7. April 1973 zeigt den mit einem schwarzen Motorradhelm vermummten Fischer und Hans-Joachim Klein, später Mitglied der Revolutionären Zellen (RZ), wie sie gemeinsam auf einen Polizisten einschlagen.[3] Als Außenminister gestand Fischer seine damalige Gewalttätigkeit ein, wollte sich aber nicht von ihr distanzieren. von Wikipedia kopiert.
      Es gibt durchaus jugendsünden die Vergeben und Vergessen werden. Und einen politischen Fehler einzusehen und sich zu ändern scheint mir auch möglich. Also warum soll ein Mensch, der bei der NPD war, nicht auch das Recht haben seinen Fehler zu erkennen und einen Demokratischen Weg einzuschlagen?

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    2. K.

      23. Dezember 2011

      SteueRbord ist Rechts… Backbord ist links, hinten… das Back, der Arsch… Ebenso gehen mir die Piraten und jetzt auch die FW vorbei…
      Schöne Weihnachten!

      Ganz wichtig:
      Steuerbord bezeichnet, vom Heck zum Bug (in Fahrtrichtung) betrachtet, die rechte Seite eines Wasser-, Luft-oder Raumfahrzeugs. Die linke Seite wird mit Backbord bezeichnet.

      (Antworten)

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